Daniela Kern, MBA, Geschäftsführerin EZA Fairer Handel, über die Zusammenhänge von Handel und Nachhaltigkeit. Die EZA ist seit vielen Jahren enge und wichtige Kooperationspartnerin von Sei So Frei.

Seit wann und wie arbeiten EZA und Sei So Frei zusammen?
D. Kern: Die EZA wurde 1975 in Salzburg von einer Handvoll engagierter Menschen mit guten Verbindungen zum kirchlichen Bereich und der Entwicklungszusammenarbeit gegründet. Die Initiative des damaligen Sekretärs der Katholischen Arbeiterjugend, Anton Wintersteller, der auch erster Geschäftsführer der EZA war, brachte den Fairen Handel, der zu Beginn noch alternativer Handel hieß, nach Österreich. Die KMB Oberösterreich hat sich 1983 als Gesellschafterin an der EZA beteiligt und 2021 ihre Anteile an Sei So Frei OÖ übertragen. Die Eigentümer der EZA Fairer Handel GmbH sind heute Sei So Frei Oberösterreich, die KMB Österreich und der Verein A3W.
Mit Sei So Frei in Persona, Dr. Franz Hehenberger, verbindet uns seit vielen Jahren ein ganz besonderes Verhältnis. Seit 1997 vertritt er die KMB OÖ im EZA-Beirat und engagiert sich in hohem Maße für das Unternehmen. Als entwicklungspolitische Organisation der KMB und durch die Arbeit von Sei So Frei mit ihren Projekten in Lateinamerika und Afrika im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit hat Sei So Frei natürlich Einblick in die oft schwierige Lebensrealität, mit der auch die Menschen unserer Partnerorganisationen zu kämpfen haben. Sei So Frei trägt deshalb die Bedeutung des Fairen Handels als wirksame Form der Entwicklungszusammenarbeit, als Instrument der Armutsbekämpfung aber auch als Ansatz einer zukunftsfähigen Form des Wirtschaftens mit. Ganz konkret findet das etwa in der alljährlichen Aktion „Fairer Nikolaus“ von Sei So Frei seinen Ausdruck, bei der EZA-Schokoladen angekauft und in den Pfarren weiterverkauft werden. Damit werden nicht nur der Faire Handel der EZA und ihre Partner*innen unterstützt, sondern auch Projekte von Sei So Frei.

Gibt es Zukunftsvisionen für die Zusammenarbeit zwischen Sei So Frei und der EZA?
D. Kern: Ja, natürlich. Beide – die EZA und Sei So Frei – wissen durch ihre jahrzehntelange Arbeit mit Partner*innen im Globalen Süden, dass ein Leben in Würde keine Selbstverständlichkeit ist. Hier werden wir Synergien ausloten. Etwa, ob Produkte von Sei So Frei-Partner*innen entwickelt werden können und dann über die EZA Zugang zum österreichischen Markt bekommen. So etwas geht natürlich nicht von heute auf morgen. Dazu braucht es Aufbauarbeit, die Schaffung von Strukturen mit den Menschen vor Ort. Wenn wir hier die Kompetenzen unserer zwei Organisationen zusammenbringen, kann daraus etwas Sinnvolles entstehen.

Das Produktportfolio und die Vertriebswege von EZA werden stetig erweitert. Worauf wird dabei der meiste Fokus gelegt?
D. Kern: Die Produktvielfalt der EZA und ihre Vertriebswege sind tatsächlich über die Jahrzehnte deutlich breiter geworden. Bei neuen Produkten ist deshalb genau zu überlegen: Welchen Nutzen stifte ich damit für die Verbraucher*innen und für die Partner*innen, die das Produkt herstellen. Damit das Ganze wirtschaftlich für alle sinnvoll bleibt, braucht es Mindestmengen. Dann muss darauf geachtet werden, dass die Produktqualität passt. Überzeugen müssen Geschmack und Verarbeitung genauso wie die sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen produziert wird.
Zu den Vertriebswegen: EZA-Produkte sind heute im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend. Das heißt, es gibt sie bereits in vielen Verkaufsbereichen, vor allem unsere Kaffees. Was uns derzeit schmerzt, ist, dass aufgrund der Pandemie der Bereich der institutionellen Großverbraucher deutlich rückläufig ist. Das hat wohl auch damit zu tun, dass viele Menschen aus dem institutionellen Bereich seit langem vorwiegend im Homeoffice arbeiten. Hier wünschen wir uns, dass wir da bald wieder an „Vor-Corona-Zeiten“ andocken können. Schön ist es, wenn Menschen für uns „die Werbetrommel rühren“, dass sie es weitersagen, wenn sie selbst von unseren Produkten überzeugt sind. Denn die beste Werbung ist doch, wenn man weiterempfohlen wird.
Ein Vertriebsweg, den wir – auch aufgrund des positiven Echos während der Pandemie – aktuell weiter ausbauen, ist unser Onlineshop. Hier haben wir unsere Potentiale bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Wir möchten damit auch neue Menschen für unsere Produkte begeistern oder jenen, die bisher keinen Zugang zur Breite unseres Sortiments hatten, Gusto machen auf die faire Welt der EZA.

 Was sind die Grundlagen ihrer Unternehmenspolitik?
D. Kern: Kurz gesagt: Für uns ist der Faire Handel die Regel, nicht die Ausnahme. Deshalb ist die EZA gegründet worden.
Als Unternehmen orientieren wir uns dabei an den zehn Prinzipien der internationalen World Fair Trade Organisation WFTO, einem internationalen Netzwerk von Produzenten- und Importorganisationen, die sich umfassend dem Fairen Handel verpflichtet fühlen. Die Einhaltung dieser Prinzipien wird extern überprüft. Bei FAIRTRADE-besiegelten Produkten der EZA gelten zusätzlich die von FAIRTRADE International festgelegten Standards als verbindliche Basis der Zusammenarbeit. Diese werden von FLO-Cert GmbH kontrolliert.
Mit unserer Art des Handels tragen wir dazu bei, dass Kleinbäuerinnen und -bauern, Handwerker*innen und Arbeiter*innen ihre Lebensbedingungen verbessern können, dass sie menschenwürdig produzieren können, nicht ausgebeutet werden, eine Zukunftsperspektive entsteht, für sie und ihre Kinder.

Was macht, Ihrer Meinung nach, die Arbeit der EZA besonders?
D. Kern: Hinter unseren Produkten stehen über 130 Partnerorganisationen aus Lateinamerika, Afrika, Asien und dem Nahen Osten. Das sind Kleinbauerngenossenschaften, sozial engagierte Betriebe, Handwerksvereinigungen, vor allem aber zigtausende sozial und wirtschaftlich benachteiligte Menschen mit ihren Familien – bunt und vielfältig ist diese Welt.
Wir achten darauf, dass wir transparente, langfristige, verlässliche und wo immer das geht, möglichst direkte Handelsbeziehungen aufbauen und die Produkte, die wir beziehen, fair bezahlen. Herausforderungen, die es immer wieder in einer Handelsbeziehung gibt, gehen wir gemeinsam an und versuchen sie gemeinsam zu lösen. Dazu ist es wichtig, dass wir uns regelmäßig mit unseren Partnerorganisationen austauschen, sodass wir uns gemeinsam weiter entwickeln können.
Daraus sind ganz besondere Verbindungen über die Jahrzehnte entstanden – das habe ich auch schon in meinem ersten Jahr bei der EZA gemerkt und das beeindruckt mich sehr. Das Ergebnis sind köstliche, schöne, nützliche Produkte, an denen sich Menschen hier freuen können. Unsere Partner*innen können dadurch ihr Leben selbstbestimmter gestalten. Da haben beide Seiten etwas davon.
Es geht nicht um Almosen für benachteiligte Produzent*innen, sondern um die Wertschätzung ihrer Arbeit! Jeder Mensch auf der Welt sollte für seine Arbeit angemessen viel Geld bekommen, um so seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Die Arbeitsbedingungen sollten menschengerecht sein. Leider ist das immer noch eine recht große Vision, aber genau deshalb ist es so wichtig, dass möglichst viele daran arbeiten, diesen Weg konsequent weiter zu gehen. Das hat mit unser aller Verantwortung zu tun und kommt letztlich uns allen zugute.
Was mich zuversichtlich stimmt: Immer mehr Menschen greifen zu unseren Produkten. Das ist ein konkreter Beitrag, mit dem sie dazu beitragen, dass menschenwürdige Arbeitsbedingungen auch anderswo auf der Welt gestärkt werden.

Was ist Ihre persönliche Motivation für Ihre Arbeit?
D. Kern: Bei der EZA geht es um eine andere Praxis des Wirtschaftens. Das finde ich spannend, weil es ein Beispiel ist, wie Wirtschaften zukunftsfähiger gestaltet werden kann. Da steht nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund. Da wird auf die Menschen und die Natur geschaut. Transparente Lieferketten, eine solidarische Beziehung mit den Partner*innen im Globalen Süden, menschenwürdige Produktion, faire Entlohnung, ressourcenschonende Herstellung – das sind alles Aspekte, die unser Unternehmen ausmachen. Fairer Handel ist ein wichtiger Beitrag, um Armut zu bekämpfen. Sich für Handelsgerechtigkeit einzusetzen gehört seit Beginn der EZA zum Unternehmensauftrag. Es macht mir Freude, wenn ich meine Erfahrung für diese Art des Wirtschaftens einsetzen kann.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie?
D. Kern: Im Prinzip geht es darum, soziale, ökologische und ökonomische Tragfähigkeit bestmöglich miteinander in Einklang zu bringen. Es ist nicht nachhaltig, wenn Unternehmen Gewinne schreiben, die auf der Ausbeutung von Menschen oder auf der Zerstörung der Natur beruhen. Das ist aber Realität. Und das muss sich ändern. Hier ist auch die Politik gefragt. Denn genau solche vermeintlich erfolgreichen Unternehmen lagern die sozialen und ökologischen Kosten, die sie verursachen, einfach aus. Das ist doch kein fairer Wettbewerb! Trotzdem ist es der EZA in den letzten 45 Jahren gelungen, wirtschaftlich zu bestehen und ihren hohen sozialen und ökologischen Prinzipien treu zu bleiben. Dazu haben tausende von Konsument*innen mit ihrer Kaufentscheidung und eine ganze Bewegung engagierter Menschen beigetragen. Das ist schon beeindruckend.

Welchen Stellenwert hat Klimaschutz in Ihrem Unternehmen?
D. Kern: Einen enorm hohen! Das Unternehmen hat entlang seiner 45-jährigen Geschichte viele wichtige Akzente gesetzt, mit denen wir zeigen: Fairer Handel und Klimaschutz gehören zusammen! Seit 20 Jahren sind wir Klimabündnisbetrieb. Schon 1988 hat die EZA in Österreich den ersten fair gehandelten Kaffee aus biologischem Anbau lanciert – unseren sehr erfolgreichen Kaffee Organico. Mittlerweile sind 100 Prozent unserer Kaffees und über 90 Prozent unserer Lebensmittel nicht nur fair gehandelt, sondern auch biologisch produziert. Die Genossenschaften, mit denen wir zusammenarbeiten, leisten mit ihrer kleinstrukturierten, biologischen Landwirtschaft einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Schon seit Jahren erzählen sie uns, wie sehr sie von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind. Das Ungerechte daran: Sie haben sie am allerwenigsten verursacht!
2019 wurde der erste EZA-Kaffee per Segelfrachter nach Europa transportiert. Im selben Jahr lancierten wir unseren biofairen COFFEE FOR FUTURE Arabica-Kaffee aus Uganda und Mexiko.  Hier wird durch eine Klimaschutzprämie, die die EZA Partner*innen erhalten, der Bau von Holzsparöfen und Wiederaufforstung gefördert. Der Name ist nicht zufällig gewählt und knüpft an die Fridays for Future Bewegung an, der wir uns sehr verbunden fühlen. Denn was gibt es Sinnvolleres, als sich dafür einzusetzen, dass dieser Planet nicht zugrunde geht!
Im Bekleidungsbereich bieten wir mit unserer Modemarke ANUKOO – sie ist gerade 10 Jahre alt – eine kleine, feine Alternative an. Unsere gesamte Baumwollkollektion wird aus biologischer und fair gehandelter Baumwolle hergestellt und nach hohen sozialen und ökologischen Standards gefertigt. Wir wissen: Das ist alles andere als selbstverständlich! Auch hier zeigen wir, in welche Richtung sich der Bekleidungshandel und -konsum entwickeln sollte: Weniger Menge, mehr ganzheitliche Qualität, langlebige Produkte statt der ungesunden Fast-Fashion-Industrie.
Klimaschutz spiegelt sich nicht nur in unserem Produktangebot. Auch unser Betriebsgebäude in Köstendorf/Weng – ein mehrfach ausgezeichneter Niedrigenergie Bau, den wir 2005 bezogen haben – ist ein wichtiger Baustein. 2019 wurde durch die Kooperation mit der Agentur für erneuerbare Energie und durch Bürgerbeteiligung auf dem Dach des Gebäudes eine Photovoltaikanlage realisiert.

Wo/ wie kann man EZA Produkte erstehen?
D. Kern: Das geht ganz einfach! Die breiteste Auswahl finden Interessierte im EZA-Onlineshop. Da kann man wunderbar auf Entdeckungstour gehen. Lebensmittel, Wohn- und Modeaccessoires, Bekleidung und biofaire Kosmetik – die faire Vielfalt ist mittlerweile wirklich beeindruckend. Wer einen Weltladen in unmittelbarer Nähe hat, ist natürlich ein Glückspilz. In den Fachgeschäften für Fairen Handel gibt es jede Menge EZA-Produkte und engagierte Mitarbeiter*innen, die auch die Geschichten hinter den Produkten erzählen. Ich finde es sehr wichtig, dass diese Form des stationären Fachhandels gestärkt wird. Denn dort wird der Faire Handel sehr umfassend gelebt, die erzielten Einkünfte werden – wie bei der EZA – wieder für den Fairen Handel und für Bildungsarbeit eingesetzt.
EZA-Lebensmittel sind erfreulicher Weise mittlerweile auch in Supermärkten und zahlreichen Bio-Läden Bestandteil des Sortiments. Und natürlich nicht zu vergessen: Das Geschäft nebenan. Es gibt Kaufleute, die seit vielen Jahren z.B. EZA-Kaffees oder EZA-Schokolade führen. Wenn nicht, kann man ja einfach einmal nachfragen, ob sie nicht Interesse hätten. Es ist wichtig, dass ich als Konsumentin auch zeige, dass ich gerne sozial und ökologisch gute Produkte kaufen möchte, noch dazu von einem Unternehmen, das zu 100 Prozent für Fairen Handel steht.

Was hat sich, für Sie, ganz persönlich, geändert, seitdem Sie für EZA arbeiten?
D. Kern: Das schönste ist: Ich kann meine persönlichen Werte leben. Es geht darum, nicht nur zu reden, sondern konkret etwas zu tun, um der Ausbeutung und Benachteiligung von Menschen den Boden zu entziehen. Dazu zählen auch unsere Entscheidungen im Alltag. Wenn ich ein EZA-Produkt kaufe, löse ich nicht alle Probleme dieser Welt. Aber ich trage dazu bei, dass sie ein besserer Ort wird.
Davon habe ich meinen gesamten Familien- und Freundeskreis überzeugt und davon möchte ich, gemeinsam mit meinem tollen Team, immer mehr Menschen überzeugen. Nach Jahren in der ergebnisorientierten Privatwirtschaft beeindruckt mich die Zuverlässigkeit und hohe Qualität von Kooperationen auf internationaler und europäischer Ebene sehr. Es ist mir jeden Tag eine Freude hier zu arbeiten.

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