Nach dem verheerenden Tropensturm stehen die Menschen vor dem Nichts und bangen um das Wohl ihrer Angehörigen. Erste Schilderungen aus Mosambik haben uns erreicht. Ein Lagebericht:
Situation auf dem Land:
Die Anzahl der Toten wird auf 1.000 geschätzt, mehrere tausend Menschen werden vermisst. Verlässliche Zahlen sind nicht verfügbar, weil die Bezirke Buzi (Barada, Estaquinha) und Chibabava (Mangunde) unzugänglich sind. Ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. In den Projektgebieten von Sei So Frei wurden viele Gebäude beschädigt und die Dächer von Schulen, Internaten und Gesundheitszentren weggeblasen. Die Schulkinder müssen im Freien unter Bäumen schlafen, obwohl es weiterhin stark regnet. Eine Rückkehr zu ihren Familien ist vielfach unmöglich, weil die umliegenden Dörfer komplett unter Wasser stehen, nachdem auch der Fluss Buzi über die Ufer getreten ist. Der Zyklon hat nicht „nur“ die einfachen Lehmhütten der bitterarmen Landbevölkerung zerstört (die Menschen leben unter Planen und versuchen sich so, vorm Regen zu schützen), sondern auch ihre Felder bzw. Gemüsegärten – und damit ihre gesamte Nahrungsquelle.
Ersten Informationen vom Montag (18.3.) zufolge fielen in Estaquinha 100 Tonnen Mais, die die Schulausspeisung der kommenden vier Monate sichergestellt hätte, dem Tropensturm zum Opfer. In Machanga wurde die Schweinezucht vernichtet, kein einziges Tier hat überlebt.
Es ist nach wie vor unmöglich, auf dem Landweg nach Estaquinha und Mangunde zu gelangen. Die Straßen am Ausgang von Beira sind zerstört. Viele wurden von den sintflutartigen Regenfällen weggespült, im stehenden Wasser tummeln sich Krokodile. Aus dem Projektgebiet in Barada, das durch seine unmittelbare Küstenlage dem Zyklon besonders ausgesetzt war, gibt es nach wie vor keine Informationen. Der Versuch, mit dem Boot die Küste entlangzufahren, ist gescheitert. Heute (20.3.) versuchen zwei Mitarbeiter von Esmabama, sich auf dem Landweg nach Barada vorzukämpfen. Es ist Schlimmstes zu befürchten.
Der intensive Regen wird anhalten, in den nächsten 72 Stunden ist mit weiteren Überflutungen entlang des Flusses Buzi, der durch die Provinz Sofala fließt und in Beira ins Meer mündet, zu rechnen.
Situation in Beira, der zweitgrößten Stadt Mosambiks (mind. 500.000 Einwohner) laut Informationen von Esmabama-Leiter Fabrizio Graglia:
95% aller Dächer in Beira sind beschädigt. Überall liegen umgefallene Strommasten und Straßenlaternen, das Strom- und Kommunikationsnetz (Internet, Festnetz, Mobilfunk) sind weitestgehend zusammengebrochen. Shakil, stv. Leiter der Partnerorganisation Esmabama, steht täglich am Flughafen – mit über 500 anderen Personen – Schlange, um sein Telefon bei einer Steckdose aufzuladen und den Handyempfang in Flughafennähe zu nutzen. Leiter Fabrizio Graglia konnte inzwischen nach Maputo fliegen und hat dort eine Kriseneinheit gebildet.
In ärmeren Vierteln sind die Häuser total zerstört und stehen unter Wasser. Die Menschen haben ihr Zuhause verloren und suchen in Schulen oder Bürogebäuden Zuflucht – sie sind verzweifelt und auf sich alleine gestellt. Von staatlicher Seite gab es am Montag noch keinerlei Betreuung/Versorgung; Aufräumungsarbeiten durch die öffentliche Hand waren genauso wenig zu beobachten. Die Unterstützung ist erst langsam angelaufen. Seit heute (20.3.) erhält Beira internationale Hilfslieferungen (EU, UN, WFP, etc.).
Es bildeten sich bereits am Montag lange Schlangen vor Tankstellen und Banken, Treibstoff und Bargeld werden knapp. Weder Geschäfte noch Märkte haben geöffnet. Die zusammengebrochene Trinkwasserversorgung verschlimmert die Situation zusätzlich. Die Menschen müssen die wenigen Wasservorräte rationalisieren.
Das städtische Spital platzt aus allen Nähten. Es herrscht Aufnahmestopp, Medikamente werden knapp. Zusätzlich ist das Dach eingestürzt und hat 160 Tote gefordert, darunter 5 Babys auf der Geburtenstation.